Neuer Polizeiseelsorger für das Saarland

Markus Bischof und sein Bärenführer

„Mich interessiert, warum Menschen so handeln, wie sie handeln – und was ihnen hilft, wieder ins Gleichgewicht zu kommen.“

Der neue evangelische Polizeiseelsorger im Saarland: Markus Bischof

Markus Bischof_Porträt
Diakon und Polizeiseelsorger Markus Bischof. Foto: Markus Bischof

Wenn Markus Bischof über seinen neuen Job spricht, spürt man Neugier und Beharrlichkeit zugleich: „Ich will für die da sein, die für andere einstehen!“ sagt er. Seit dem 1. Juli 2025 ist er Polizeiseelsorger im Saarland. Weit weg von der Zentrale, aber dennoch zugehörig zur Evangelischen Kirche im Rheinland. Dienstsitz ist die Landespolizeidirektion Saarbrücken, eine Behörde mit rund 2700 Bediensteten. 

Sein Büro konnte er bisher noch nicht beziehen. „Raum ist bei der saarländischen Polizei ein knappes Gut“, sagt er gelassen, wohl wissend, dass das bei fast allen Polizeibehörden der Fall ist. 

Trotzdem wartet er nicht ab, ist schon in die Beratungsarbeit eingestiegen und startet jetzt die „Rundreise“ durch seinen polizeilichen Bezirk: „Ich besuche die Polizeiinspektionen nach und nach, begleite Dienstgruppen, hospitiere, fahre mit – einfach, um die Menschen und ihre Arbeit kennenzulernen.“ Stichwort Feldkompetenz. Wissen, worum es geht. 

Einstieg in schwieriger Zeit

Bischofs Start fiel in eine Phase, die von einem schweren Ereignis überschattet war. Nur wenige Wochen nach seinem Amtsantritt wurde in Völklingen der erst 34jährige Polizeibeamte Simon Bohr erschossen. „Das hat diese kleine Behörde bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit geführt“, berichtet Bischof.

Da Markus Bischof seine Ausbildung für besonders belastende Einsatzgespräche (siehe auch: Zusatzqualifikationen | Stiftung Polizeiseelsorgeerst im kommenden Frühjahr abschließen kann, war er an den ersten Krisenmaßnahmen nicht beteiligt. „Ich habe natürlich meine Hilfe angeboten, aber da war alles bereits angelaufen. Es war die denkbar schwierigste Situation, um anzufangen.“

Spagat zwischen Kirchengemeinde und Polizeiseelsorge

Markus Bischof arbeitet mit einer halben Stelle für die Polizeiseelsorge, die zweite halbe Stelle hat er seit Jahren bei der Kirchengemeinde EVANGELISCH MITTENDRIN - BEREICH NEUNKIRCHEN - inne. Er ist verantwortlich für die Kinder- und Jugendarbeit, betreut Schülerinnen und Schüler mit Lernschwierigkeiten und organisiert Gruppenangebote. „Dort habe ich Räume und Strukturen, die ich nutzen kann – auch für Gespräche mit Polizeibeschäftigten, die einen geschützten Rahmen suchen“, sagt er. „Gleichwohl bin ich flexibel und nutze auch Gesprächsräume, die sich praktischerweise anbieten.“ 

Der Dienst in zwei halben Stellen ist eine Herausforderung. Die Arbeit muss koordiniert werden. In einer Notsituation bei der Polizei ist es entlastend, dass es in der Gemeindearbeit eine Vertretung gibt.

Bischof ist Diakon – ein kirchliches Amt, das Theologie und soziale Arbeit miteinander verbindet. „Diakon*innen sind theologisch und pädagogisch qualifizierte Fachkräfte, die in Kirchengemeinden, diakonischen Einrichtungen, Jugendarbeit oder Pflege mit Menschen aller Generationen arbeiten. Sie hören zu, begleiten, unterstützen und verkündigen das Evangelium – mitten im Alltag“, ist auf den Seiten der EKiR zu lesen. 

 „Ich bin also kein Pfarrer, mein Schwerpunkt liegt stärker im sozialen und seelsorgerischen Handeln“, erklärt er. Diese Verbindung von Fachlichkeit und Empathie prägt auch sein Verständnis von Seelsorge. „Mich interessiert, warum Menschen so handeln, wie sie handeln – und was ihnen hilft, wieder ins Gleichgewicht zu kommen.“

Nach mehr als zwanzig Jahren in der Kinder- und Jugendhilfe hat er sich zudem in verschiedenen Bereichen weitergebildet: als systemischer Berater, Mediator und Fachkraft für Prävention  und Intervention bei sexuellem Missbrauch. Alles „handfeste“ Qualifikationen, die ein Polizeiseelsorger braucht. 
 

Markus Bischof und sein Bärenführer
Markus Bischof und sein "Bärenführer", Andreas Rinnert. Foto: Polizei Saarland

Begleitung und Orientierung in neuen Strukturen

Bei der Einarbeitung in seine neuen Aufgaben für die Polizei wird er von Andreas Rinnert unterstützt, dem Landesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei im Saarland bzw. stellvertretenden Vorsitzenden des Vereins zur Förderung der Polizeiseelsorge im Saarland e.V., „mein sogenannter `Bärenführer´“. Er erklärt ihm Strukturen und Abläufe innerhalb der Polizei, ist sein Ansprechpartner, wenn er Fragen hat „und er öffnet mir Türen“, wofür Bischof sehr dankbar ist. „Ich möchte, dass alle wissen, an wen sie sich wenden können, wenn sie jemanden zum Reden brauchen.“

Vertrauen und Verschwiegenheit

Ein zentrales Anliegen ist Markus Bischof, dass Polizeibeschäftigte sich in seelsorglichen Gesprächen mit ihm absolut sicher fühlen können. „Aufgrund meiner Ordination habe ich Schweigepflicht und das Zeugnisverweigerungsrecht“, betont er. „Was mir anvertraut wird, bleibt vertraulich.“

Nähe zu den Menschen, Respekt vor ihrem Dienst

Bereits in den ersten Monaten hat Markus Bischof zahlreiche Gespräche geführt – unter anderem bei Seminaren für Polizistinnen und Polizisten, die kurz vor dem Ruhestand stehen. „Die Geschichten, die man dort hört, sind oft bewegend“, sagt er. „Da wird deutlich, unter welchem Druck viele stehen – und wie wenig Raum manchmal bleibt, um über das Erlebte zu sprechen.“

Zumal Polizist:innen im Alltag, der sich in sekundenschnelle ändern kann, auch immer wieder in Situationen geraten, die nicht nur lebensbedrohlich sein, sondern sie in ethischen Fragen oder mit dem Gesetz in Konflikte bringen können. Auch hier sind Polizeiseelsorger:innen gefragt, in dem sie, wie Markus Bischof, berufsethischen Unterricht leisten. In diesem Rahmen begleitet er angehende Polizeibeamtinnen und -beamte an der Fachhochschule für Verwaltung des Saarlandes bei der Auseinandersetzung mit Fragen von Verantwortung, professioneller Haltung und ethischen Entscheidungsdilemmata. Ziel ist es, ihnen Impulse für eine reflektierte und werteorientierte Berufspraxis zu geben und Gespräche zu ermöglichen, die Raum für Nachdenken und Orientierung schaffen. „Weil ich diesen Teil meiner Arbeit sehr ernst nehme und den Studierenden eine fachlich wie ethisch fundierte Begleitung bieten möchte, absolviere ich eine Fortbildung bei der Bundesfachkonferenz Polizeiliche Berufsethik“, berichtet Markus Bischof. 

Markus Bischof und Nico Becker
Markus Bischof begleitet Polizeibeamte im Dienstalltag um Feldkompetenz zu erwerben. Hier mit Polizeikommissar Nico Becker. Foto: Polizei Saarland

„Dranbleiben – und zuhören“

Dass seine Arbeit noch im Aufbau ist, sieht Markus Bischof gelassen. „Ich habe schon in vielen Bereichen gearbeitet, in denen es nicht einfach war“, sagt er. „Wichtig ist, dranzubleiben, aufmerksam zu sein – und zuzuhören.“ Ein bisschen wundert er sich immer noch, dass man ihn genommen hat, obwohl er kein Pfarrer ist. Sicher liegt es an den Zusatzqualifikationen, vielleicht auch an der breiten Lebenserfahrung. „Ich habe schon einige Umwege im Leben gemacht“, erzählt er offen. Seine erste Ausbildung sei ein Fehler gewesen, es war eine Lehre zum Koch. Aber immerhin: Auch eine Schule in menschlicher Krisenbewältigung, da ging es manchmal nicht gerade zimperlich zu. 

Und seine Erfahrung im Umgang mit jungen Menschen, die es aus der Bahn geworfen hat, haben ihn nachzuvollziehen gelehrt, warum Menschen Drogen und Alkohol zum Opfer fallen können oder ihr Leben selbst beenden. Schließlich sind da noch frühe Begegnungen mit dem Tod: Sein Vater war Leichenbestatter, was ihn schon in der Jugend mit dem Anblick toter Menschen vertraut gemacht hat. 

Neugier, Ausdauer und ein tiefes, echtes Interesse an Menschen – diese Haltung bringt er ein in seinen Start bei der Polizeiseelsorge. „Ich möchte wissen, wie es sich anfühlt bei der Polizei zu sein!“ Er will verstehen, was die Kolleginnen und Kollegen brauchen und warum, „und mit ihnen gemeinsam Wege finden, damit sie ihren anspruchsvollen Beruf gut und mit innerer Stärke ausüben können.“

Sein Respekt für den Polizeiberuf sei in dieser ersten Zeit gewachsen. „Ich hatte schon immer einen großen Respekt für den Polizeiberuf. Der ist aber noch größer geworden - und wächst noch weiter. Und ich bin dankbar, dass es Menschen gibt, die diesen Dienst mit Engagement und Haltung ausüben“, sagt Markus Bischof. 

„Viele ahnen gar nicht, was Polizistinnen und Polizisten Tag für Tag leisten.“

Bericht: Barbara Siemes

Markus Bischof
Funktion: Evangelischer Polizeiseelsorger für das Saarland
Dienstbeginn: 1. Juli 2025
Dienstsitz: Saarbrücken 
Zuständig für: rund 2.700 Polizeibeschäftigte der Landespolizeidirektion Saarland
Kirchliche Tätigkeit: Diakon, 50 % Stelle in der Kirchengemeinde „Evangelisch Mittendrin - Bereich Neunkirchen“
Beruflicher Hintergrund: Langjährige Tätigkeit in der Kinder- und Jugendhilfe, systemischer Berater, Mediator, Fachkraft für Prävention bei sexuellem Missbrauch
Familiäres: Verheiratet, ein Kind
Leitmotiv: „Ich will für die da sein, die für andere einstehen.“

Link: https://polizeiseelsorge-saarland.de/

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