
Es ist ein eher seltenes Bild in der öffentlichen Wahrnehmung: Bürgerinnen und Bürger, die der Polizei danken – und umgekehrt. Doch in Bonn hat sich genau so ein Austausch zu einer kleinen Tradition entwickelt. Der Bonner Polizeipräsident Frank Hoever spricht über das Format „Danke sagen“ – und warum Wertschätzung in beide Richtungen so wichtig ist.
„Das gibt es bei uns schon seit vielen Jahren“, sagt Hoever. der auch Mitglied im Kuratorium der Stiftung Polizeiseelsorge ist. „Und wir führen das Format fort, weil wir glauben: Es ist gut, Menschen Danke zu sagen, die sich besonders für andere einsetzen.“ Es geht um Zivilcourage, um den Mut, nicht wegzuschauen, sondern zu handeln – auch wenn es unbequem oder gefährlich wird.
Beispiele dafür nennt Frank Hoever einige. Ein Vorfall in der Innenstadt: Ein größeres Stück einer Hausfassade löste sich und traf eine ältere Frau und ihren Sohn. Eine Polizistin war als Erste am Ort, leistete sofort Erste Hilfe. Dann bekam sie Hilfe von einem Passanten, gemeinsam trugen sie die verletzte Frau zur Seite – nur Momente später krachte ein weiteres Fassadenstück herab. „Wären sie nicht so schnell gewesen, hätte das tödlich enden können“, sagt Hoever.
Es gibt sie noch: Die Freunde und Helfer*innen
Solche Taten bleiben nicht unbemerkt. „Bürgerdialog“, eine Dienststelle der Bonner Polizei, die bewusst nicht „Beschwerdemanagement“ heißt, ist Anlaufstelle für „Lob – Anregungen – Beschwerden“, und hier gehen auch Dankschreiben ein. Hoever nennt bewegende Beispiele: Eine Frau bedankt sich bei den Beamten, die ihr in einem Moment geholfen haben, in dem sie „keinen Ausweg mehr gesehen“ habe für ihr Leben. Eine andere berichtet, wie Polizeibeamte sie nachts im Bonner Hofgarten begleiteten, weil sie sich allein unsicher fühlte.

„Solche Rückmeldungen sind Balsam für die Seele“,
ist Hoever überzeugt. Denn der Polizeialltag sei oft von Belastungen geprägt – verbale Angriffe, Widerstand bei Einsätzen, „wo Gewalt angewandt wird von dem Gegenüber, wo man bespuckt wird, wo man getreten wird, um einige Beispiele zu nennen. Da tut es gut, zu wissen, dass unsere Arbeit gesehen und geschätzt wird.“
Gesellschaftliche Anerkennung geht oft unter
Dem kann sich der leitende Landespfarrer für Polizeiseelsorge, Volker Hülsdonk, nur anschließen. „Polizeibeamte haben oft einen hohen Anspruch an sich selbst. Sie streben nach einem perfekten, rechtlich einwandfreien und menschlich angemessenen Verhalten“, ergänzt er, „doch in der Öffentlichkeit, vor allem in sozialen Medien, erleben sie häufig Vorverurteilungen und Kritik, auch wenn sie im Sinne des Staates handeln.“ Positive Rückmeldungen seien daher für die Moral der Beamten enorm wichtig.
Umgang mit negativen Gefühlen und Stress
Als Polizeipfarrer unterstützt er Beamt*innen im professionellen Umgang mit belastenden Situationen. Er erklärt, dass es für Polizist*innen wichtig ist, sich negative Gefühle bewusst zu machen, innerlich Abstand zu gewinnen und sich zu "resetten", um in der nächsten Situation ruhig und professionell zu bleiben. Das bedeute nicht, Gefühle einfach auszuschalten, sondern sie zu reflektieren!

„Es geht um Resilienz! Wir wollen herausfiltern, was die Polizist*innen auf Dauer stark macht und verhindert, dass sie krank werden“, betont Volker Hülsdonk. Was auch immer die Polizeibeamt*innen vorbringen: Aufmerksames Zuhören und gezieltes Nachfragen bewirke, dass sich die Menschen wertgeschätzt fühlten, und ermutige sie, sich zu öffnen. Dabei nutzt der Leitende Landespfarrer für Polizeiseelsorge auch Methoden der Supervision oder Gestalttherapie.
Verantwortung und Fehlerkultur
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Fähigkeit, Verantwortung für Fehler zu übernehmen. Hülsdonk erklärt, dass eine offene Fehlerkultur, bei der man sich entschuldigen und daraus lernen kann, die Grundlage für persönliches Wachstum und Vertrauen ist. Das christliche Menschenbild könne dabei unterstützen, Menschen nicht auf ihre Fehler zu reduzieren, sondern sie in ihrer Würde zu sehen und bei der Rückkehr ins Leben zu begleiten.
Resilienz! Eine Schlüsselkompetenz
Resilienz – die Fähigkeit, Belastungen standzuhalten und nach schweren Einsätzen wieder in den „Normalzustand“ zurückzufinden – sei für Polizeibeamt*innen existenziell, sagt Volker Hülsdonk. Resilienz könne durch Selbstreflexion, soziale Verbundenheit, körperliche Bewegung und Achtsamkeit gestärkt werden. Die Polizeiseelsorge bietet Seminare, Vorträge und persönliche Beratung an, um Polizist*innen hierbei zu unterstützen und zu stärken.
Der Einfluss der Medien
Das helfe auch, Beschimpfungen auf der Straße und in den (sozialen) Medien besser auszuhalten. Negative oder gar falsche Darstellungen können bei Polizeibeamt*innen eine tiefe Verunsicherung und das Gefühl der öffentlichen Beschämung auslösen. Im Rampenlicht zu stehen und nicht mehr in der Lage zu sein, die Situation zu erklären, belaste die Psyche erheblich.

Die Rolle der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit
Was die Polizeiseelsorger*innen und Psycholog*innen dann versuchen zu „reparieren“, könnte auch im Vorfeld verhindert werden. Zumindest in den klassischen Medien zeigt eine aktive Öffentlichkeitsarbeit seitens der Polizei Wirkung: „Hier in Bonn“, so Polizeipräsident Frank Hoever, “ist die mediale Berichterstattung fair und sachlich – der General-Anzeiger, Radio Bonn/Rhein-Sieg, sie alle begleiten zum Beispiel unser Format („Danke sagen“) regelmäßig.“ Nur vereinzelt gebe es mal negative Schlagzeilen, „aber dann spreche ich auch mit den Redaktionen, wenn etwas nicht stimmt,“ betont Frank Hoever, „unsere Medienarbeit ist ziemlich offensiv!“
Gleichzeitig ist Frank Hoever die Unterstützung nach innen sehr wichtig, „die Kolleginnen und Kollegen im Wachdienst, aber auch bei der Kripo wissen, dass ich hinter ihnen stehe und sie unterstütze!“
Dialog zwischen Bürgern und Polizei: Unverzichtbar!
„Weil wir einfach dazugehören, hier in der Stadt. Wir gehören mit zur Stadtgesellschaft!“ Frank Hoever möchte, dass genau das rüberkommt: „Das muss ich selbst vorleben und mein Verhalten auch reflektieren!“
Hoever macht keinen Hehl daraus, dass die emotionale Seite seines Amtes ihm wichtig ist. „Wertschätzung wirkt – und sie motiviert.“ Für seine Kolleginnen und Kollegen, die Tag für Tag im Einsatz sind, sei jede Form von Lob ein Zeichen, dass ihr Einsatz zählt. Erst recht, wenn sie, das zeigen die Briefe, Leben retten.
Und das Fazit aus der Sicht des Polizeiseelsorgers Volker Hülsdonk: „Danke sagen ist kein Luxus, sondern Überlebenshilfe.“
Bericht: Barbara Siemes
„Danke sagen“
… ist eine jährliche Aktion der Polizei Bonn, bei der Menschen gewürdigt werden, die durch Zivilcourage oder besondere Hilfsbereitschaft aufgefallen sind.
Seit wann gibt es die Aktion?
Schon seit vielen Jahren – laut Polizeipräsident Frank Hoever wurde sie bewusst als Zeichen der Anerkennung ins Leben gerufen.
Wie wird gedankt?
In feierlichen Veranstaltungen, durch Urkunden, Blumen, persönliche Gespräche – und nicht zuletzt durch öffentliche Berichterstattung.
Warum ist das wichtig?
Weil gegenseitiger Respekt das Fundament einer funktionierenden Gesellschaft ist – und Wertschätzung die Menschen ermutigt, sich weiterhin füreinander einzusetzen.
Hier geht es zur Website der Evangelischen Polizeiseelsorge:
Evangelische Polizeiseelensorge – in Nordrhein-Westfalen
Und hier finden Sie den Bericht als pdf zum Download